Es ist das pure Idyll. In mitten der Weinberge unmittelbar an dem kleinen Flüsschen Ahr in Dernau gibt es einen Forellenteich, betrieben und gepflegt vom dortigen Angelverein. Eine umlaufende Wiese, fest installierte Bänke, abgeschottet und nicht einsehbar von der nahen Durchgangsstrasse. Es ist der perfekte Ort um ungestört feine Feste zu feiern, wie Freund Werner, seines Zeichens Dernauer Nebenerwerbswinzer, zu berichten wusste. Zu jener Zeit trafen sich einmal jährlich etwa zwanzig ausgehungerte Kölner an der Ahr an unterschiedlichen Stellen um in aller Ruhe Fleischberge über Holzkohle zu garen. Aber diesmal sollten es eben Fische sein. Und damit sich das Ganze auch zu einem richtigen Event entwickelt, sollten sie Fische natürlich vorher selber geangelt werden. So der Plan.
Werner hatte die Szenerie vortrefflich vorbereitet: Es gab ein großes überdachtes Zelt zum essen, Biergarnituren etc, es gab ein kleineres zum grillen, es gab zwei große Schwenkgrills, einen Räucherofen, es gab Eiskübel für den Wein und eine Kühlanlage fürs Bier. Der Gipfel, und darauf waren die Kölner besonders stolz, waren jedoch zwei von den Johannitern gelieferte und aufgebaute Sanitätszelte mit den entsprechenden Schlafpritschen und – Decken. Denn, das war von vornherein klar, niemand sollte nachher noch nach Hause fahren müssen.
Und damit wir auch alle vom Fisch satt werden sollten hatte Werner, unser Eifelscout, hundert lebende Forellen in den Teich einsetzen lassen und ein Mitglied des Angelvereins gebeten, nicht nur die Angeln, sondern auch Ködermaterial zur Verfügung zu stellen.
Gegen 14 Uhr treffen die Kölner nach uns nach ein, der kleine Parkplatz füllt sich schnell mit den schwarzen Limousinen, großes Hallo, die ersten Weinflaschen werden geöffnet. Stimmung wie immer in der Runde mehr als ausgelassen, schon jetzt. Kölner eben, großmäulig was die Angelausbeutevorhersage angeht. Keiner von uns hatte bis dahin jemals eine Angel in der Hand aber jeder wusste natürlich wie es geht, schon jetzt wurden geklugscheißerte Tips verraten, wichtig vor allem, Ruhe zu bewahren und Geduld zu haben. Genau das, was wir alle perfekt drauf hatten.
Der Mensch von Angelverein rief uns schließlich zu sich und erklärte, wie die mitgebrachten Maden am Haken zu befestigen seien. Die Städter verstört, angewidert angesichts der krabbelnden Tiere in die Blechdose, nix da, kommt nicht in Frage das Zeug anzufassen, so ging es schon los. Um es kurz zu machen. Es gab sechs Angeln, wir verteilten uns an unterschiedlichen Stellen des Teiches und warfen (natürlich extrem gekonnt) die Ruten aus. Hoffnungsfroh und siegessicher. Die ersten Minuten erwartungsvolles Schweigen, selbst die, die keine Rute in den Händen hielten, blieben diszipliniert, So verging eine Viertelstunde, nichts, eine halbe Stunde, nichts, Erste Zweifel, ob Werner tatsächlich auch hundert Forellen hat einsetzen lassen. Erste Ermüdungserscheinungen, manche versuchten ihr Glück dann in der Ahr, die wollten mit bloßer Hand dortige Fische schnappen. Statt dessen sind sie geschwommen…….Der Mann vom Angelverein konnte vor lachen kaum noch atmen.
Freund Werner sagte zu all dem nichts, er holte aus seinem Wagen eine große Box mit bereits fertig geräucherten Forellen. „Hann isch mir doch jedacht…“ Lang der Rede: Einen einzigen Fisch konnten wir während des ganzen Nachmittages bis zum Einbruch der Dunkelheit aus dem Teich fischen. Eine Forelle. Eine einzige. Wie peinlich.
Dennoch glühten die Grills, Fleisch gabs natürlich auch, der Wein floss wie vermutet auch diesmal wieder in Strömen.Und jeder hatte natürlich eine Ausrede, warum ausgerechnet bei ihm nichts angebissen hatte. Dann war Zeit für ein Feuerchen, denn die Damen fröstelten in der beginnenden Dunkelheit. Feuerkörbe. Werner hatte wirklich an alles gedacht. Chinesische Lampions wurden in den Himmel geschickt, dutzende und immer noch gab es Fleisch. Die Alibisalate waren ja sowieso nur für die Damen gedacht.
Und irgendwann löste sich nach und nach die Gruppe auf, ein Zelt für die Frauen, das andere für die Männer. Knallhart die Pritschen, kratzig die Decken.Nur Werner, der fuhr nach Hause, kurze Wege.
Schnitt: Der nächste Morgen.
Diskret verschweige ich die Gesichtsausdrücke am nächsten Morgen, die unausgeschlafene, schlechtgelaunte Bande restalkoholisierter Typen. Und dem wurde dann noch der Gipfel aufgesetzt. Im Gänsemarsch erschienen an die 8 Männer, deutlich erkennbar als Angler. Die würdigten uns zunächst keines Blickes, sondern warfen sofort ihre Ruten in den Teich. Na, dann wollen wir doch mal sehen… Es war unglaublich. Im Minutentakt fischten sie ein ums andere Tier aus dem Teich, rein in die Eimer, Rute wieder ins Wasser, zack, die nächste Forelle am Haken. Wir guckten uns an, ratlos, fassungslos und auch ein bisschen empört, denn das waren ja schließlich „unsere“ Forellen. Die reine Frustration. Bis sich die Chefin de Cuisine erbarmte, ein paar Fische ausnahm und Werner nochmal den Grill schmiss für ein zweites Frühstück. Mit Forellen.
Schnitt:
Diese jährlichen Grillfeste finden immer noch statt, in kleinerer Besetzung, nicht mehr so wild und auch etwas ruhiger. Nur Werner, der ist immer noch dem Wahnsinn nahe. 🙂 🙂
Und jedesmal, wenn ich heute eine Forelle beim Händler sehe, fällt mir dieser Abend ein, diese peinlichen Angelversuche von stümpernden Städtern.