Ja, wir haben es wieder gemacht, auch in diesem Jahr das Finale des Kölner „Summer of Supper“ bestritten. Und auch in diesem Jahr mussten einige Widrigkeiten umschifft, Improvisationen organisiert und mangelnde Kühlung einzelner Gänge irgendwie ausgeglichen werden.
Wie alles begann: Irgendwann im Frühjahr kam die Anfrage, ob wir wieder dabei wären. Jörg, Claus, Stefan und ich sollten einmal mehr für etwa 40 Leute ein Menu kochen. Klar, machen wir.
Dann Monate nichts, ist ja noch Zeit….Mitte Juni doch mal die Frage, was wir denn machen werden. Claus aus der Distanz wagte sich als erster aus der Deckung, er will auf jeden Fall eine neue Form der Königsberger Klopse machen. Und sonst? Die restlichen drei des Rheinkombinats treffen sich auf Heuballen auf einem Traktoranhänger während einer Feldführung auf dem Lensenhof am Niederrhein, der übrigens auch das komplette Gemüse für den Supperclub sponserte. Nur kurz die Diskussion was alles machbar wäre – das verbindende Motto soll sein „Deutsche Klassiker aber anders“.
Jörg nimmt sich eine Hechtrolle vor, Stefan eine Altbierbowle und mein Part soll eine Erbsensuppe sein. Und die Klopse von Claus.
Soweit so unspektakulär. Doch der Teufel sollte im Detail stecken.
Erbsensuppe im Sommer bei mehr als 30 Grad? Geht nicht. Zuhause erst mal zur Probe einen kalten Erbsenshot gekocht, eiskalt serviert, Prima, was fehlt? Der Kick. Minze? Zu oft schon erlebt. Kurzer Anruf bei der spanischen Kreativzauberin, dann ist es klar, es muss ein Zitronenverbene-Sorbet unter die kalte Suppe. In Ermangelung entsprechender Erfahrungen frage ich Tim Tegtmeier auf dem Düsseldorfer Carlsplatz nach Mengenangaben für 40 Personen, und er rückt spontan nicht nur das passende Rezept raus, sondern wiegt mir auch noch die Geheimzutaten ab, mit denen jedes Eis seine feine Textur bekommt.
Also alles bestens. Ganz schlau überlege ich, dass es doch nicht ungeschickt wäre, schon mal die leichte Gemüsebrühe vorzukochen und in Bügelflaschen für den sicheren Transport abzufüllen. Ne Woche vorher also gemacht, zwei Tage vorher nochmal probiert…….Die kompletten 4 Liter Brühe aufgrund der Hitze im Rheinland umgekippt, sauer geworden, also in den Ausguss, alles noch mal auf Anfang, neue Zutaten besorgen, ab in die Transportkiste. 4 Kilo TK Bio-Ebsen auf Eis in Styroporboxen dazu, 3 Töpfe Zitronenverbene. Angesichts dieses Desasters spreche ich dann doch noch mal zur Sicherheit mit Tim Tegtmeier, der mir dringend empfiehlt, die Eismasse lieber einen Tag vorher zuzubereiten….ok, kleine Nachtaktion.
Jetzt entspannt und frohen Mutes hole ich Sonntag früh Stefan zuhause ab. Und jetzt gilt es das Beladevolumen meines Wagens auszunutzen. Bierkisten, eine Gläserstiege, jede Menge Transportkisten, Styrporboxen, Gläser, Flaschen, Tuben, jede Menge frisches Obst? Strinrunzeln bei mir? Ich denke Du machst ne Bowle? Während der Fahrt nach Köln klärt er mich über seinen Gang auf, er hat eigens „Russisches Bier“ gemacht und will ein Altbier-Parfait auf Pumpernickel-Erde bereiten. Und während wir so verträumt nach Köln über die A57 fahren, eine Strecke, die ich im Schlaf kenne, tappe ich in die fiese sonntägliche Radarfalle, der jähe Blitz unterbricht feinste Gourmet-Diskussionen…….
Jörg ist schon da, er muss mit nem Anhänger gekommen sein angesichts der Gemüsemengen die schon da rumstehen…..
Aber wir haben ja einen Plan, jeder weiss, was in welcher Reihenfolge zu tun ist. Während ich rasch 5 Liter Gemüsebrühe ansetze, anschließend die Erbsen darin noch ein wenig köcheln lasse, dann den Passierstab durchjage und alles durch ein elend schlechtes Sieb passiere……
…, stürtzt sich Claus, der inzwischen aus Koblenz ebenfalls eingetrudel ist, erst mal auf das Fleisch, jagt das durch den Fleischwolf und formt daraus dann 180 (!!) kleine Bällchen, schön mit Förmchen, eines wie das andere. Die sollen jetzt eingefroren und anschließend für das Sous-Vide-Bad vakumisiert werden.
Stefan gebinnt meditativ: Nachdem er seine Parfaitmasse in metallene Terrinenformen gefüllt hat, bereitet er seine Pumpernickel-Erde vor, schnippelt Obst, entrippt Beeren….
während Jörg zunächst die undankbare Aufgabe hat, die Hechthäften zu enthäuten und zu entgräten. Und ausgerechnet ich, der das so ungerne macht, soll ihm dabei helfen. Mitgefangen- mitgehangen. Es werden 10 Blumenkohle geputzt in Röschen geschnitten, zwei davon in feine Scheiben geschnitten, im Ofen angeröstet… Viele tausend Handgriffe. Hitze im Raum mindestens 35 Grad. Hölle.
So vergehen mit den Vorbereitungen Stunden um Stunden und langsam wird es Zeit. Claus hat die meiste Arbeit. In Ermangelung einer Mandoline schneidet er mit einem stumpfen Trüffelhobel die gekochten rote Beete in feine Scheiben, frittiert sie, wässert allerfeinste Kapern um sie anschließend auch zu frittieren. Und als die Hackbällchen vakumisiert werden, stellt er fest, das der Gefrierschrank des Marienecks nicht leistungsfähig genug ist, die vorher so schön geformten Bällchen formen sich im Vakuum zu eiförmigen Gebilden, nichts mehr zu machen, nichts zu retten, muss auch so gehen…..Kartoffel-Espuma ist vorbereitet, Gaspatronen auf den Isi-Siphons die im Wasserbad stehen, alles läuft ziemlich souverän.
Die Fischfarce von Jörg ist einwandfrei, Gemüse blanchiert, jetzt noch das Sösschen für den Hecht kochen. Noilly Prat? Wo ist das Zeug, war doch immer hier. Diesmal nicht. Dann mit Weisswein. Parallel läuft das Blumenkohlpüree und Stefan hat inzwischen die beiden Überraschungsrüße vorbeireitet. Einen Sauerampfersalat mit Kirschen und geröstetes Brot mit Marknochen und Petersiliensalat.
Erster Gang von Claus: Königsberger Klopse, Kartoffel-Espuma, frittierte rote Beete, Kapern
Ich hatte es schon geahnt, der Gefrierschrank war zu schwach….. Was in wunderbar cremiger Konsistenz aus der Eismaschine gekommen war und dann noch eine Stunde gefriert wurde, ist nun zu weich……aber das in jedem Gals versteckte Pfefferkorn (wilder Andaliman Pfeffer von Ingo Holland) macht das Ganze dann doch noch zum Spaß.
Von Jörg: Hechtrolle in Spitzkohl auf Blumenkohl-Püree, gebratenem Blumenkohlröschen und Zitronenkaviar
Von Stefan: Pumpernickel-Erde, Erbeeren, Tomaten, Basilikum, Altbierparfait (leider auch mangelnder Leistungsfähigkeit der Gefrierschrankes leicht flüssig). Nicht im Bild das „Russische Bier“ im Altbierglas, ein Erfrischungsgetränk auf Pumpernickel-Basis
Und jetzt Bier. Und Wein. Und Bier. Auf Jörg, der nachts noch seinen Geburtstag feiert.
Schlagwörter: Summer of Supper - Das Finale - Wie es wirklich war
25. Juli 2016 um 8:34 pm |
GEIL
26. Juli 2016 um 7:32 am |
Schöner Artikel. Besten Dank dafür. Wenn ihr den Summer of super im kommenden Jahr an den Sommerferien vorbei terminieren könnt, bin ich gerne dabei. Beste Grüße Nik
28. Juli 2016 um 2:53 pm |
[…] Das Libretto – oder besser: den Erfahrungsbericht eines Überlebenden – kann man hier nachlesen. Und […]
29. Juli 2016 um 1:50 pm |
[…] von Bernd Labetzsch: Kalte Erbsensuppe, Zitronenverbene-Sorbet, wilder Andaliman […]